Artikel | Vom Schreiben

Die Entstehung von
„Jagd auf den letzten Passagier“

Welches Pferd hat mich geritten ein interaktives Abenteuer zu schreiben? Woher stammt die ganze Schnapsidee eigentlich und mit welchen Kniffen, Tricks und Inspirationen habe ich mir beim Schreiben geholfen?

All das will ich hier kurz berichten.

In jungen Jahren

Rätsel und Geschichten waren schon immer mein Ding. Als kleiner Bub habe ich eifrig durch die Seiten der „Insel der 1000 Gefahren“ geblättert und die zahlreichen Handlungsstränge entdeckt. Das Schöne an Choose-your-own-Adventure-Büchern ist, dass man als Leser stets mitentscheiden darf und so unterschiedliche Abenteuer entdeckt. Vom Lesefieber gepackt habe ich kurzerhand begonnen meine ersten interaktiven Werke in DIN-A4 Schulhefte zu notieren. Dass meine Mama meine einzige Leserin war, hat mich dabei nicht gestört. Die Geschichten waren einfach gestrickt, knackig und endeten mit einem blutigen Schock („Du stirbst. Schildkröten essen die Reste deines Gehirns am Strand“).

Auch nachts, in Schlafsäcke gekuschelt auf dem Pfadfinderlager, habe ich meine Freunde mit der Macht der Worte durch ausgeklügelte Mafia- und Grusel-Geschichten gejagt. Meine Zuhörer spielten – den Mund halbvoll mit Gummibärchen – die Figuren der Abenteuer. Als Piraten, Gangster oder Detektive konnten sie aktiv mitentscheiden, wohin die Reise ging.

Einige Zeit später, im Jahr 2013, war es soweit mit dieser Idee zu expandieren und das Internet zu betreten. Mit „Talefriends“ schufen wir in kleinem Freundeskreis eine Website, auf der man interaktive Geschichten einstellen konnte. Kostenlos, werbefrei und ohne Haken.

Ich will nicht behaupten, dass die Idee einzigartig war oder dass sie reibungslos funktioniert hat. Aber immerhin wurde die ein oder andere witzige Geschichte dort angelegt, kommentiert und gespielt. Auch ich habe damals die ersten Stories, wie „Das Topmodel im Weltall“ und „Dr. Schnacks Internetpraxis“ ins Rennen geschickt.

Talefriends“ selbst ist mittlerweile wieder verschwunden. Zeit, Energie und wahrscheinlich auch die Tatsache, dass zu wenige Autoren bereit sind ohne Gegenleistung zu schreiben, waren die Gründe den Stecker zu ziehen. Eine schöne Erinnung bleibt das Projekt trotzdem. Eine Lehre über gemachte Fehler und nicht zuletzt: Der Ausgangspunkt für das nächste Kapitel.

Das Ende ist der Anfang

Schade eigentlich drum, dachte ich, als ich grob sechs Jahre später wieder über die alten Dateien gestolpert bin. Die Geschichten verstaubten auf dem Server und waren eigentlich zu interessant um im Nirvana zu verschwinden. Vielleicht lässt sich ja aus den alten Textadventures noch ein nettes Print-Produkt zaubern. Ein Geschenk für Freunde. Das sollte doch schnell gemacht werden. Ein bisschen Copy & Paste.

Ein bisschen Copy & Paste. Im Gegenteil. Nach wenigen Tagen war ich Feuer und Flamme für das Projekt. Ich bin wieder ins Zeichnen gekommen (ein Hobby das jahrelang auf der Strecke blieb), habe wieder Typographie und Satz für mich entdeckt und beim Schreiben gemerkt, dass man da sicher mehr rauskitzeln könnte. Mehr als eine einfache interaktive Geschichte, bei der man auf tausend Arten sterben kann.

Ich wollte die Leser diesmal bis ans Ende eines langen Abenteuers führen. Statt plötzlichen Enden würden sich Herausforderungen und Rätsel in den Weg stellen. Im Aufschwung der Escape-Games und Escape-Rooms gibt es viele Beispiele bei denen knackige Rätsel dicht komprimiert in 60 Minuten gelöst werden müssen. Die Geschichte steht meist im Hintergrund, die Rätsel folgen Schlag auf Schlag.

So weit so gut.

Genau hier wollte ich ansetzen und eine ausführlichere Erzählung aufbauen. Eine Geschichte, die kein Zeitlimit stellt, die schon auf der ersten Seite große Fragen aufwirft (Warum ist das Flugzeug abgestürzt? Wo sind alle Passagiere?) Ein echter Roman, gespickt mit interessanten Charakteren, Wendungen, fetzigen Dialogen und einem Spannungsbogen.

Ein Frühlingsspaziergang sollte es nicht werden, ein kompliziertes Rollenspiel mit Regelwerk für Nerds am Besten auch nicht. Ich entschied mich für ein simples Spielsystem mit Spielpunkten. Die Rätsel sollten sich dabei möglichst natürlich anfühlen und als Herausforderungen des Helden in die Geschichte einschmiegen.

Los ging’s. Ganz klassisch mit Notizbuch und Stift habe ich Ideen gesammelt, gescribbelt und geknobelt. Es ist um einiges einfacher ein Rätsel zu lösen, als eines zu erfinden. Es ist auch um einiges einfacher einen abgefahrenen Romananfang (abgestürzter Flieger in der Wildnis) festzulegen, als eine plausible Erklärung dafür zu parat haben. Es hat mich echte Energie gekostet, eine glaubhafte Hintergrundgeschichte dazu zu stricken, die sich über den Verlauf der Erzählung langsam entfaltet.

Auch das Geflecht der Erzählstränge wurde im Notizbuch entworfen und immer wieder überarbeitet. Ich wollte keine vorzeitigen Enden, kein Scheitern. Aber der Leser musste die Freiheit haben, mitzuentscheiden und eigene Wege zu gehen. Für das Plotten der Geschichte, habe ich mich in die Techniken des Storytelling eingefuchst, der Heldenreise und des 7-Punkte-Systems. Mit Handwerkszeug wie Stufendiagramm, Personenregister und Tageszeiten-Tracking habe ich den Überblick behalten.

Schnell war klar, dass ich Illustrationen und Zeichnungen benötige um der Sache Leben einzuhauchen. Dafür ist habe ich den schwarzen Fineliner auf dem Zeichenblock geschwungen, anschließend photografiert und am Notebook nachbearbeitet. Einige Zeichnungen, wie z.B. das Buchcover selbst, sind komplett digital entstanden.

Nach gut neun Monaten war die Story im Kasten. Endlose eigene Korrekturschleifen später, habe ich die jede Menge Testleser gefunden und „Jagd auf den letzten Passagier“ in deren Hände gegeben. Die ersten Probedrucke habe ich mit der Druckerei www.wir-machen-druck.de produziert und bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Für einen fairen Preis habe ich eine sehr gute Qualität und einen kompetenten Service erhalten. Die genauen Specs meines Buchs waren:

  • Format: DIN-A5, hoch
  • Umschlag Softcover matt 4/4-farbig
  • Innenteil: 268 schwarz-/weiße Innenseiten (1/1-farbig)
  • Bindung: Fadenheftung

Mit der Zeit ist eine Menge Feedback eingetrudelt, welches mir geholfen hat die letzten Rechtschreibfehler auszumerzen und an der Schwierigkeit der Rätsel zu schrauben. Mittlerweile bin ich mit dem Ergebnis zufrieden – und es kann losgehen mit der Veröffentlichung.

Das war`s soweit für heute über die Entstehung. Hab ich etwas vergessen? Dann fragt mich unter: andreas.uhlenbrock@uhlenblog.de oder besucht mich auf Instagram.

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